Liebe Lotte,

gut geschlafen, viel geträumt, beruhigter Bauch, knirschender Schnee, das ist ein guter Start in den Tag! smile
Nun haben wir schon so viele Themen, dass wir ein wenig Ordnung brauchen.

Ich greife aus den letzten Gedanken von Dir dieses auf:

Jene „Hilfsangebote“ mit denen Du überschüttet wurdest, sind natürlich nicht ehrlich.
In Wirklichkeit lautet der Text: „Mensch, Lotte, versau uns nicht die Feiertage! Mach irgendwas! Glaubst du, es macht uns Spaß, dir zuzuschauen, wie du da rumhängst!“
Ich will gar keine Böswilligkeit unterstellen, denn die Kommunikation der Menschen ist selten ehrlich! Deshalb kannst Du nur dort total offen sein, wo Dir nach menschlichem Ermessen keine Gefahr droht.

Und bei solch getarnten Angriffen musst Du Dich schützen – „abschirmen“. Damit das ungute Gefühl, die Schmerzen, die Du dabei empfindest, nicht direkt auf Deinen Körper einwirken!
Schon während geredet wird, schätze ein, wie ehrlich oder unehrlich das gemeint ist.
Ist es als nicht-ehrlich einzustufen, lass die Jalousie herunter. Stelle es Dir bildhaft vor. Eine abgrenzende Antwort könnte dann lauten: „Ich weiß, dass du es gut meinst, aber ich muss meinen Weg selbst gehen“.


Liebe Grüße, Michael

Lieber Michael,

 

ich weiß, ich schreibe sehr durcheinander. Ordnen und sortieren ist nicht gerade meine Stärke. Schon gar nicht, wenn ich über Dinge und Gefühle schreibe, die ich sonst mit niemandem teile. Ich hoffe und vertraue darauf, dass wir auch unsortiert den Durchblick nicht verlieren.

Du schreibst, die Kommunikation der Menschen sei selten ehrlich. Klar gibt es Lügner. Aber die Menschen in meinem Lebensumfeld, meine Familie und Bekannte, sind "ehrliche Häute". Damit will ich nicht sagen, dass sie mich nie angreifen oder verletzen. Aber sie tun es ohne Absicht, und ich bin überzeugt davon, dass sie wirklich glauben, mir damit helfen zu können. Das macht es ja so schwierig.
Ich erkenne den guten Willen, ich sehe ihre Bemühungen, egal wie ungeschickt sie daherkommen. Und ich kenne dieses Gefühl, wenn man jemandem helfen möchte und kann es nicht. Es ist nicht schön.

Worauf soll ich mich im Umgang mit Menschen denn sonst verlassen, wenn nicht auf das was sie sagen und tun?

 

Aber ich sehe die Notwendigkeit mich abzugrenzen heute besonders deutlich. Ich fühle mich wie ein Magnet, der alle umherfliegenden Pfeile an sich zieht, egal worauf sie gerichtet wurden. Sie treffen immer, und sitzen zurzeit ziemlich tief und lange in mir.
Ich werde versuchen, vorsichtiger zu ein. Mir eine Jalousie vorzustellen. Sie bildhaft herunterzulassen, ist eine gute Idee. smile In Bildern denken fällt mir leichter.

 

Der Tausendguldenkrauttee hilft mir, ich bin sicher! Vor jedem Essen gibt es eine Tasse. smile

Lieben Gruß, Lotte

Liebe Lotte,

direkte Lügen sind seltener; die meisten Menschen verdrehen etwas die "Wahrheit", um besser dazustehen.

 

Nimm dieses Forum als Beispiel: Fast alle sagen, dass sie helfen wollen. Es ist aber nicht unbekannt, dass Menschen mit einem gewissen Helfersyndrom vor allem die Überlegenheit des Helfenden genießen - weil ja schließlich der Helfer klüger sein muss, als der, der anfragt. Ich will ihnen nicht absprechen, dass sie auch helfen wollen, aber die ganze Wahrheit ist es nicht. Ich meine recht gut zu wissen, wer ganz ehrlich ist und wer nicht. Du bist es, und das ist ein Grund für mich, Dir helfen zu wollen.

 

Im Übrigen sind Frauen viel ehrlicher als Männer.

Männer haben häufig Revier- und Rangprobleme. Sie kämpfen um Positionen - und da geht es nicht um Wahrheit, sondern um Sieg.
Frauen suchen auch viel häufiger als Männer eine offene Aussprache, während Männer sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Sie haben einfach Angst, dass dabei womöglich ein Lügengebäude auffliegt.

Wenn ich Menschen zuhöre, findet bei mir automatisch eine Glaubhaftigkeits-Überprüfung statt. Ich will Dir nicht das Leben unnötig erschweren, aber Du weißt doch selbst, dass die Suada des Helfens, die Du über Dich ergehen lassen musstest, nicht ganz ehrlich war.

Nimm nicht von vornherein an, dass es alle nur gut mit Dir meinen. Höre ein wenig auch zwischen die Zeilen, und wenn Du das Gefühl hast, dass es nicht ganz stimmig und ehrlich ist, dann lasse die Jalousien herunter - um Verletzungen zu vermeiden.

 

Wenn die Sache mit dem Abschirmen schon ein wenig funktioniert, kommt etwas Wichtiges hinzu. Abschirmen ist Schutz. Bildhaft gesprochen machst Du einfach „dunkel“. Das ist auf die Dauer zu wenig. Wenn Du abschirmst, brauchst Du eine Art Ersatz; sonst ist es eben nur dunkel.

Was Du brauchst und Dir unbedingt suchen musst, ist Freude an etwas. Also, Jalousie runter und auf die nun dunkle Fläche ein helles, freudiges Bild werfen. Keine Ersatzbefriedigung, sondern ehrliche Freude!
Worin diese Freude bei Dir bestehen kann, vermag ich nicht zu beantworten; dazu kennen wir uns immer noch zu wenig smile. Dass Du sie findest, ist aber sehr wichtig!

Ich lese mit Vergnügen, dass Dein Körper sich ein wenig erholt. Wenn das Tausendguldenkraut einen Beitrag leistet, erst recht.

 

Wie empfindest Du Rüdiger Dahlkes Aussagen?

Ich wünsche Dir einen friedlichen und stimmungsvollen Samstag-Vorweihnachts-Abend.


Liebe Grüße, Michael emoticones

Guten Morgen lieber Michael,

zuerst der Stand der Dinge smile:
Heute Nacht habe ich nicht einmal geträumt. Es war eine gute Nacht.
Mein Ernährungstagebuch führe ich, und endlich ist auch meine Gewichtsabnahme zum Stillstand gekommen.

 

Ich übe an der Jalousie. Es ist aber gar nicht so einfach und auch ungewohnt. Ein wenig überkommt mich ein schlechtes Gewissen, wenn ich so zumache. Es ist ein bisschen, als würde ich meinem Gegenüber etwas entziehen, wegnehmen.

Etwas habe ich wohl in letzter Zeit sträflich vernachlässigt, und Dir ist das auch gleich aufgefallen. Ja, ich sollte echte Freude finden. Das sollte doch eigentlich kein Problem sein. Es ist für mich aber doch eines.
Vielleicht ist es auch Maßlosigkeit - mir ist scheinbar nichts gut genug. scham
Ich erwarte wohl einfach zu viel.

Was ist für Dich Freude?

 

Du fragtest:

 

          Wie empfindest Du Rüdiger Dahlkes Aussagen?

 

Da gibt es einige Punkte, bei denen sich ziemlicher Widerstand in mir breitmacht. biggrin
Was er über Schatten schreibt, mag ich so nicht sehen. Wobei es unter dem Gesichtspunkt der Polarität eigentlich zwingend richtig ist. Es gefällt mir aber nicht. smile
Was mir auch widerstrebt, ist seine Sicht über Gut und Böse. Für mich persönlich, in meinen Handlungen, gibt es durchaus Dinge, die ich tun will, weil ich sie als gut betrachte und Dinge, die ich niemals tun oder sagen oder denken möchte, weil ich sie als schädlich und "böse" ansehe. Natürlich werde ich solche Dinge auch tunlichst vermeiden. Dass ich damit, laut Dahlke, meinen Schatten nähre, der sich dann als meine Umwelt manifestiert, das kann ich nicht nachvollziehen.
Was er über die Einheit schreibt, da erkenne ich vieles wieder. Auf ähnliche Weise wird das auch im Buddhismus beschrieben, mit dem ich mich lange Jahre intensiv beschäftigte.

Er schreibt, dass alle Religionen im Kern die Weltüberwindung lehren und aufzeigen, dass "Ich" und "Welt" nur Seifenblasen/Illusionen sind, die man durchschauen kann. Auch das sind mir vertraute Aussagen.

Ich finde das Buch bisher sehr interessant. Einiges habe ich nicht verstanden, einiges kann ich nicht nachvollziehen, und bei einigen Sätzen sitze ich da und nicke mit dem Kopf. smile 


Herzliche Grüße, Lotte

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