Liebe Lotte,
zuerst mal nur etwas zum letzten Teil Deiner Mail. Zum anderen schreibe ich später etwas, wenn mehr Zeit zur Verfügung steht.
Weibchen brauchen körperliche Nähe und Zärtlichkeit wie Nahrung. „Falsche Hände“ wirken daher zerstörerisch (krankmachend). Weibchen neigen außerdem dazu, Fehler bei sich zu suchen und zu glauben, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Männchen bestärken sie gerne darin (sie sind jedenfalls nie schuld).
Dadurch, dass bei der sexuellen Rollenverteilung dem Männchen die aktivere Rolle zufällt, ist das Weibchen dem Männchen – und seinen (Un-)Fähigkeiten – nahezu ausgeliefert (außer sie hat eigene positive Erfahrungen).
Der weibliche Körper ist sexuell in gewisser Weise mit einem Musikinstrument zu vergleichen. Aber was nützt die aufregendste Stradivari, wenn einer nicht darauf spielen kann.
Ich zucke schon ein wenig zusammen, wenn ich schreibe oder lese, ein Weibchen in einem solchen Zusammenhang als "Instrument" zu bezeichnen. "Man" könnte es als despektierlich empfinden. Aber im praktischen Bettleben ist es wirklich gut vergleichbar; wer gut "spielen" kann, wird überrascht über die variantenreichen Tonfolgen sein.
Auch weil Frauen so unterschiedlich reagieren können, drängt sich der Stradivari-Vergleich auf. Nur, dass die weibliche Stradivari mehr als Meisterschaft im Spiel verlangt; sie muss den Spieler auch noch lieben.
Frigide Weibchen sind höchst selten (Du zählst sicher nicht dazu - Deine ganze Ausstrahlung ist eher sinnlicher (weiblicher) Natur ), unfähige Männchen hingegen nicht.
Lust ist ein scheues Reh, und das Anstreben von Lust hat zudem ein gesellschaftliches „Gerüchle“. So bekommt ein Verzicht darauf etwas Heroisches (denk an Deine früheren Lebensziele!).
Lust muss sich eher verstecken. Das ist sicher mit ein Grund für Verklemmtheit. Ich fürchte, dass die schwäbische Mentalität auch eher zum „schaffe, schaffe“ und zur „Kehrwoch“ neigt, als zur „Wolluscht“. Dabei wäre sie ein wichtiger Punkt auf der Freudeliste.
Liebe Grüße, Michael
PS: Passt zwar nicht ganz dazu, aber ich musste sehr lachen, als ich es zum ersten Mal hörte:Der (männlich) schwäbische Orgasmus: Sodale, soodale, sooodale – jetzatle!
Weiter geht´s.
In jeder guten Beziehung ...
In nicht so guten Beziehungen, liebe Lotte, gibt es keine Liebesnächte, sondern Geschlechtsverkehr. Wenn es gar keinen mehr gibt, dann ist es eine WG; beziehungsweise schlechter als eine solche, weil es dort wenigstens hin und wieder Geschlechtsverkehr gibt.
Es ist - glaube ich - leicht einsichtig, dass man sich nicht den Tag über angiften und nachts in gemeinsamer Lust schwelgen kann – und frau kann das schon gar nicht.
Man muss den ganzen Tag so eine Liebesnacht vorbereiten.
Das prinzipielle Problem für „Feste der Liebe“ liegt darin, dass es dazu ein geeignetes Männchen braucht. Deshalb tue ich mich damit leicht. Als Weibchen geht es um eine richtige Auswahl.
Bedeutet das umgekehrt, dass wenn sich ein Weibchen bei einem Männchen nicht danach sehnt, ist dieser auch nicht der passende Partner für eine Beziehung? Das heißt, wenn sie sich nicht danach sehnt, liegt das nicht am Weibchen selbst, sondern einfach daran, dass es nicht das (für sie) passende Männchen ist?
Genau so ist es. Wenn ein Weibchen einen Partner sucht (weil sie zum Beispiel nicht allein zu Abend essen möchte) oder einen „Versorger“, dann muss sie nicht darauf achten. Sollten ihr aber Liebesnächte vorschweben, dann ist jene weibliche Intuition vonnöten, die ihr ein solches Sehnen anzeigt. Aber Vorsicht, in dieser Kategorie gibt es auch Filous!
Was braucht es, bei beiden, für Voraussetzungen - was meinst du mit dem "Grad verschiedenster Gefühle"?
Auch wenn Männchen und Weibchen meistens anders denken und fühlen, es müssen beide zu Freude und Lust ohne Sorgen bei einem solchen Fest in der Lage sein; sich schenken können, Lust bereiten, ohne nach einer Gegenleistung zu schielen.
Wie sehr die Gefühle der Männchen und der Weibchen auseinanderklaffen können, selbst in solchen Situationen, kann man sich mit ein wenig Phantasie ausmalen.
Das Männchen denkt (manchmal in Sorge) an die Funktionsfähigkeit seines Arbeitsgerätes und das Weibchen (in Sorge), ob die Kilos zu viel (oder zu wenig) ihre Attraktivität beeinträchtigen. Manchmal denkt das Männchen, na das wird heute wohl nix bei ihr mit einem Orgasmus und manchmal denkt das Weibchen, hoffentlich ist er bald fertig.
In einer solchen Atmosphäre gibt es keine Liebesnächte! Da bleibt es beim Geschlechtsverkehr.
Liebe Grüße, Michael
Lieber Michael,
da saß ich nun um kurz nach drei heute früh, um Dir zu schreiben - und mittendrin geht das Laptop aus. Ich dachte wirklich es sei kaputt! Erst Stunden später stellte ich fest, dass einfach nur der Akku leer war. Heute Nacht tobte hier ein ziemlich heftiges Gewitter und ich hatte alles ausgesteckt. Nun bin ich unheimlich erleichtert, dass alles wieder funktioniert!
Ich finde der Witz passt hier sogar sehr gut her.
Mit Dir kann frau, also ich , über alles reden; selbst über die wirklich "heiklen" Themen und die allertiefsten Befürchtungen, ohne sich in Grund und Boden zu schämen, weil – ja, weil Du eben Du bist.
Natürlich kann es gut sein, dass mir das Reden darüber weit schwerer fiele, würde ich dabei in Deine Augen schauen.
Weil Frauen so unterschiedlich reagieren können, drängt sich der Stradivari-Vergleich auf. Nur, dass die weibliche Stradivari mehr als Meisterschaft im Spiel verlangt, sie muss den Spieler auch noch lieben.
Es ist eine Kunst, Frauen zu lieben? Wenn ich mir anschaue, was alles unter dem Begriff "Liebe" gelebt wird, und wenn ich schaue, wie wenig versucht wird, mal über die eigene Welt hinaus die des anderen kennen zu lernen, was man alles falsch machen kann, dann denke ich, „zu lieben“ ist wirkliche eine Kunst - nicht nur im Bett und auch auf beide Geschlechter bezogen.
Als Weibchen geht es um eine richtige Auswahl.
Ja. Und ein ganz wichtiges Kriterium hierbei ist, dass das Weibchen sich in ihn verlieben kann. Dass sie sich wertgeschätzt, geliebt, gesehen und „gemeint“ fühlt. Es ist weit mehr als „körperlicher Reiz“ – es ist es ein Gesamtpaket, das für sie „stimmen muss“.
Man muss den ganzen Tag so eine Liebesnacht vorbereiten.
Das klingt sehr schön. Es kann ja schon bei der Vorbereitung eine positive, sogar lustvolle Spannung und auch Vorfreude entstehen. Man freut sich aufeinander und es prickelt vielleicht schon etwas.
Ein wenig, im Ansatz kenne ich das schon auch. Das ein und andere Mal versuchte ich einen „schönen Abend“ vorzubereiten und da spürte ich eine gewisse freudige Spannung.
Auch wenn das bei mir damals nicht das Geringste mit Liebeszaubernächten zu tun hatte, meine ich also schon zu wissen, was Du mit "vorbereiten" meinst.
Das prinzipielle Problem für „Feste der Liebe“ liegt darin, dass es dazu ein geeignetes Männchen braucht.
Welche Männchen eignen sich – und welche nicht? Woran erkennt frau das?
Du sprichst über geeignete Männchen - gibt es auch ungeeignete Weibchen?
Sehr liebe Grüße
Lotte
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