Dennoch: Schrittchen für Schrittchen ging ich weiter. Dabei wuchsen - langsam und von mir damals beinahe unbemerkt - Stärke und Selbstbewusstsein. Niemand sah mir die Ängste an, mit denen ich rang. Niemand vermutete sie bei mir. Eher das Gegenteil war der Fall. Gespräche mit Menschen und auch Reaktionen in meinem Umfeld, zeigten mir, dass sie mich als eher selbstbewusst einschätzten.
Ich aber empfand das anders und sah mich meinen inneren Monstern gegenüber. Auch wenn ich mich von ihnen nicht daran hindern ließ weiter zu gehen, machten sie mir an manchen Tagen das Leben doch recht schwer.
Um all das auch mit Michael bereden zu können, war mir die Bildersprache meiner Träume sehr nützlich. Sie nahm ich beim Beschreiben der Angstgefühle zu Hilfe, die mein Inneres in ein tobendes Meer verwandeln konnten, um diese überhaupt in Worte fassen zu können.
So schrieb ich Michael also von nächtlichen Träumen und täglichen Gefühlen; beides schien sich zu vermischen und war eng miteinander verknüpft. Immer wieder gab es Tage, an denen ich fürchtete von Angstgefühlen überrollt zu werden. Michael empfahl mir:
...
sage: „Schluss damit“ - wenn diese Gefühle auftauchen.
„Verschwinde Monster, halt dich da raus!“
Sage es immer wieder – wie ein Mantra.
Lasse sie nicht frei toben, gebiete ihnen Einhalt!
Sage „STOPP“, wenn sie auftauchen.
Du kannst und musst auch diese Gefühle „erziehen“.
…
Lieber Michael,
ich weiß, Du hast recht. Und ich weiß auch, dass es eine Art Pflege dieser Gefühle ist, wenn ich wieder und wieder in sie sinke und mich von ihnen ausfüllen lasse. Das schafft das Gefühl, diesen Ängsten und Gefühlen hilflos ausgeliefert zu sein.
Schluss damit! Genau.
Einfach nur „nein“, basta. Ohne Diskussionen. (David gegen Goliath )
Liebe Grüße
Lotte
David gegen Goliath; das mag schon sein liebe Lotte - but winner is, all time, DAVID!
Lieber Michael,
Ja – David !!
Genau. Und ich weiß - nein, wissen ist zu groß gesagt - ich glaube, ich kann wirklich gewinnen!
Ich sage auch „NEIN“ – immer wieder in Situationen.
Dennoch, und dazu, habe ich sehr das Gefühl, es ist wichtig, den „Monstergefühlen“ nicht nachzugeben und auch direkt, bewusst – und ohne zu befürchten, dass ich dort „verschlungen“ werde – mitten hinein zu gehen.
Da ist ein großes Gefühl von GEFAHR, wenn ich es wage; „BLEIB WEG“ – und dennoch spüre ich gleichzeitig Erleichterung, dass dort nun eine Öffnung entsteht und endlich Licht hinein kommen kann. Es fühlt sich an, als sei mitten dort drinnen, in diesem „Monsterland“, „mein Kleines“. Etwas, das ich lange „verraten“ habe und nun nicht einfach zurücklassen darf, wenn ich weitergehe. Ich muss es mitnehmen. Ich muss also mitten hinein, mitten hindurch - anders scheint es nicht zu gehen.
Ich mag gar nicht dran denken, wie sich das alles hier für Dich liest.
Gleichzeitig bin ich froh, nun diese Art „Traumsprache“ gefunden zu haben, um all das ausdrücken zu können, für das ich sonst keine Worte finden würde.
Bei all dem was ich Dir hier schon erzählt habe und weiterhin erzähle, erwarte ich nicht, dass Du mein „Monsterproblem“ lösen kannst. Oder dass Du irgendetwas „tun“ müsstest, um mir zu helfen. Ich weiß, dass Männchen helfen wollen; die Probleme lösen wollen, die an sie herangetragen werden.
Es ist außergewöhnlich, dass ich mit Dir darüber reden kann. Schon allein damit eröffnest Du mir die Chance, Goliath zu erkennen und zu besiegen.
Dass ich David bin wusste ich sowieso schon immer.
Ganz viele liebe Grüße
Lotte
Liebe Lotte,
es ist nicht nur so, dass ich nichts tun muss – ich kann gar nichts tun! Außer, ein wenig Licht aus meiner Erfahrung auf Deine Schilderungen werfen. Und nicht einmal die kann ich aufbieten, wenn ich mir die Wucht Deiner Gefühlsstürme ansehe. Was ich zudem nicht weiß, ist, ob diese Gefühlsstürme Träumen ähnlich sind. Von Träumen weiß ich in diesem Zusammenhang wenigstens etwas Authentisches, aus mir heraus.
Träume werden in Form eines „Dramas“, eines „Bühnenstückes“ mit individuellen Problemen oder Situationen, unter der Regie der Seele, sehr individuell, aber mittels der kollektiven, uralten Bildsprache aufgeführt. Die kollektive Bildsprache kann ich entschlüsseln, die individuelle nur insoweit, in dem ich aus allem, was Du erzählst, Schlüsse ziehe. Dabei kann ich mich natürlich auch irren.
Im kollektiven Traumbild-Wissen steht etwas Kleines, das Kind, ein Baby für etwas Verletzliches, das gepflegt werden muss; etwas Neues, das das Licht der Welt erblickt; kann aber auch bedeuten, dass die Träumerin am liebsten selbst wieder ein Kind sein will, dass gepflegt wird.
Ich habe es bis jetzt so interpretiert, dass Du den im Lauf des Lebens verschütteten Kern von Dir wieder ans Licht befördern willst. Dein Gefühl, da etwas „verraten“ zu haben, würde dazu gut passen.
Und niemand sieht sich das gerne an.
Dem steht das Monster entgegen - das eine Verkörperung Deiner Ängste darstellt - das Dich daran hindern will, Dich zu befreien, das Dich klein halten will und Dir immer wieder auf`s Neue einredet, dass Du nichts kannst, nichts wert und auch machtlos bist, das zu ändern.
In diesem Sinn haben die Erfahrungen mit Deinem Männchen Deine Ängste verstärkt und in diesem Sinne ist er auch „Monster“ - aber die Ängste sitzen "natürlich" in Dir drinnen.
Kram schon mal nach der Steinschleuder David!
Liebe Grüße, Michael
Wie sehr liebte ich Michaels Art zu schreiben! So oft brachte er mich zum Lachen. Nun war ich also nicht nur David - ich hatte auch eine Steinschleuder im Gepäck!
es ist nicht nur so, dass ich nichts tun muss – ich kann gar nichts tun!
Lieber Michael, Du bist da, an meiner Seite! (Und erklärst mich nicht für verrückt).
Das was ich real so fühle und "sehe" ist nun nicht unbedingt als wäre es geträumt - ich würde sagen, es ist eine Art Übersetzung (für mich), damit ich das „greifen“ kann, was in mir vorgeht. Es braucht eine „Übersetzung“, damit ich es Dir überhaupt beschreiben kann. Während ich dort eintauche ist es pures Gefühl.
Dass ich dieses Kleine sehe, weil ich selbst wieder Kind sein möchte - das denke ich nicht. Klar würde ich mich gerne beschützt fühlen. Aber ich will selbst- und eigenständig leben; frei und stark.
Kram schon mal nach der Steinschleuder David!
Ja!
Es fühlt sich an als hätte etwas Besonderes begonnen. Als hätte ich das Monster nun teilweise enttarnt –erkannt. Ich habe Muffensausen und spüre eine ziemliche Entschlossenheit; fühle mich nicht mehr ganz so feig - und ich bin so unglaublich froh, dass es Dich gibt
Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag
David (mit Steinschleuder)