Liebe Lotte,
Männer sind für Frauen schwer verständlich - und umgekehrt . Trotz der Banalität der folgenden Worte sind sie sehr wichtig:
Männer bringen bestimmte Voraussetzungen mit, um sich in der „äußeren“ Welt irgendwie zu behaupten. Frauen sind erheblich biologischer („innerlicher“) eingerichtet. Sie bekommen einen biologischen Rhythmus in ihr Leben, zu einem Zeitpunkt zu dem Knaben noch halbe Kinder sind. Sie können ihrer Biologie auch nicht entkommen. Unabhängig davon, dass sie sich Kinder wünschen, tut ihre Natur alles, damit das auch tatsächlich passiert. Das alles führt dazu, dass Frauen eine viel intimere Beziehung zu Körperlichkeit und Zärtlichkeit haben.
Eine Frau braucht – um sich wohl zu fühlen – eine bestimmte Atmosphäre. Kaum ein Mann versteht das so recht. „Mann“ kann mürrisch nach Hause kommen und vor sich hin brummen und abends (zur „Entspannung“) im Bett noch was wollen. „Frau“ hingegen will begehrt werden, erwartet sich Lächeln und Gefühle, sanftes, liebevolles Streicheln, das eine bestimmte Stimmung aufbaut. Sonst kann sie gut und gerne auf Geschlechtliches „verzichten“. Wenn es trotzdem passiert, fühlen sie sich benutzt und in gewisser Weise erniedrigt.
So weit, so schlecht! Initiativen im Sinne der Frau, sind von einem Mann kaum zu erwarten. Da „Mann“ ja auch nur selten über Gefühle reden kann, muss Frau auf dieser Ebene selbst "gestalterisch" tätig werden. Der Mann muss das lernen, was er nicht von sich aus versteht. Es ist weiblicherseits ein zwar verständlicher, aber trotzdem ein Irrtum, wenn „Frau“ erwartet, ein Männchen brächte solches Wissen von sich aus mit -oder gar, er fühlte ähnlich wie sie.
Es ist dieses Nichtwissen von einander, das alle Missverständnisse und Verletzungen in Beziehungen begleitet. Deine Seele steuerte Dir diesen Traum bei, damit Du verstehst, dass und (über Umwege) woran Du leidest.
Liebe Grüße, Michael
Lieber Michael,
schon mehrmals schriebst Du mir das; bisher von mir wenig beachtet. ich ging kaum darauf ein, aber heute verstehe ich es besser. Vor allem sehe ich die Konsequenz und sehe, wie tief das eigentlich geht.
Dass sich bis heute nichts geändert hat liegt daran, dass ich es ihm nie richtig klarmachen konnte was ich von ihm möchte und "brauche". Ich ging davon aus, dass er es weiß, dass er es doch eigentlich wissen muss. Ich ging im Grunde wirklich davon aus, er fühle ähnlich wie ich.
Da das aber wohl nicht der Fall ist, und er nicht hellsehen kann, kann er gar nicht wissen, wie sehr mich das alles verletzt. Nebenbei bemerkt war es ja mir bis heute auch nicht bewusst! Wie also soll er das wissen.
Ich weiß trotzdem nicht, wie ich nun damit umgehen soll und was ich konkret ändern kann. Ihm zeigen was er "lernen sollte"? Will er das denn? Und möchte ich etwas von ihm „bekommen“, das er selbst eigentlich gar nicht gerne gibt?
Eines weiß ich aber sicher: Was hier nun bei unserem Gespräch alles hochkommt und "herausbricht", das kann ich nicht mehr nach unten verschieben, nichts davon. Ein Zurück gibt es nicht mehr.
Ganz liebe Grüße
Lotte
Liebe Lotte,
ich weiß, dass ich Dir das schon geschrieben habe. Ich habe mir aber bewusst die Mühe gemacht, das Thema in diesem Zusammenhang noch einmal neu zu formulieren, statt Dir den damaligen Text noch mal hierher zu kopieren.
Und um diesen Zusammenhang auch noch einmal herzustellen: Jeder Mensch muss im Lauf seines Lebens die gegengeschlechtliche Position verstehen lernen und die Anlagen dazu in sich selbst stärken. Du als reine anima also etwas vom animus und Dein Mann als reiner animus etwas von der anima. Sonst wird man/frau sich immer weiter vom anderen entfernen.
Liebe Grüße, Michael
Lieber Michael,
Es ist mir klar, dass es meine Sache ist, damit umzugehen, bzw. zu lernen damit richtig umzugehen.
Aber ich weiß nicht, was ich konkret tun kann oder sollte, um erstens besser zu verstehen und meine animus-Anlagen zu stärken, und zweitens meinen Mann dazu zu bringen mich besser verstehen zu wollen.
Ich kann aber heute nicht mehr darüber nachdenken, wie ich meine Beziehung verbessern könnte. Tut mir leid . Ich kann heute gar nichts mehr denken.
Und jetzt gehe ich eine Runde heulen.
Sehr liebe Grüße
Lotte
Liebe Lotte,
es gibt nicht immer sofort etwas zu tun !
Lass erst mal diese Erkenntnis sich setzen. Wenn ich mich recht erinnere, neigst Du zu schnellem, aber noch nicht gut durchdachten Handeln. Beschäftige Dich damit; vielleicht kommt auch wieder ein Traum vorbei. Geh zu Deinem Baum und frage ihn. Entwickle nach und nach einen Plan.
Es gibt wirklich keine Eile! Der Zustand ist nun schon ein paar Jährchen alt und seine Verbesserung will sorgfältig überlegt sein. Ich halte nichts von Schnellschüssen - außer sie sind gleichzeitig spontan und genial .
Leider bin ich im Moment beruflich etwas angespannt und hatte deshalb noch nicht die Zeit, mir ein paar strategische Gedanken zurechtzulegen. Wenn Du es möchtest, werde ich das aber gerne tun.
Über Deinen Ausdruck, dass Du nun eine Runde Weinen gehst, habe ich entgegen der Schwere des Gesagten herzlich gelacht. Das finde ich eine gute Herangehensweise an die schweren Dinge des Lebens.
Liebe Grüße, Michael
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